Freitag, 16. Juni 2006

Kein Ort. Nirgends. Christa Wolf

„Sie sagt, nach ihrer Beobachtung gehöre zum Leben der Frauen mehr Mut als zu dem der Männer. Wenn sie von einer Frau höre, die diesen Mut aufbringe, verlange es sie danach, mit ihr bekannt zu sein. Es sei nämlich dahin gekommen, dass die Frauen, auch über Entfernungen hinweg, einander stützen müssten, da die Männer nicht mehr dazu imstande seien.
Das muss sie ihm schon näher erklären.
Ach Kleist, Sie wissen es doch. Weil die Männer, die für uns in Frage kämen, selbst in auswegloser Verstrickung sind. Ihr werdet durch den Gang der Geschäfte, die Euch obliegen, in Stücke zerteilt, die kaum miteinander zusammenhängen. Wir sind auf den ganzen Menschen aus und können ihn nicht finden.“

„Was man lange und oft genug denkt, verliert seinen Schrecken.“

„Dem Leben schuldig bleiben, was es fordert, den Lebenden, was sie fordern müssen; wahres Leben nur fühlen, indem man schreibt.“

„Dass ich schreiben muss, steht mir fest. Es ist eine Sehnsucht in mir, mein Leben in einer bleibenden Form auszusprechen. (…) Aber halten Sie mich für so selbstvernarrt, dass ich nicht wüsste, wie weit ich davon entfernt bin, meine Sehnsüchte zu verwirklichen? (…) Das Ungenügen mit sich selbst ist der eigentliche Stachel.“

„Ach diese angeborene Unart, immer an Orten zu sein, wo ich nicht lebe, oder in einer Zeit, die vergangen oder noch nicht gekommen ist.“

„ (..) und erzählte der Braut den Traum, der ihn heimsuchte, seit er den Abschied vom Militär genommen hatte, und aus dem er jedes Mal in Tränen erwachte. (..) Danach, entsinnt er sich, schwiegen sie lange, bis er sah: Wilhelmine weinte. Er fragte sie nichts, streichelte ihre Hand und fühlte endlich, was er vorher vermisst hatte: dass er sie lieben könnte. Kleist, sagte sie schließlich, und schien gefasst: Mit uns beiden, das wird nichts. Da hatten sie in ein paar Minuten alles durchlebt, was sich dann noch – warum bloß! – über Jahre quälend hinzog.“

„Sie musste Savigny wiedersehen. Immer ist es Leidenschaft, wenn wir tun, was wir nicht wollen.“

„Nur zu gut verstehe ich ihre Blicke. Unheimlich bin ich ihnen, doch können sie nicht sagen, warum. Ich weiß es: ich bin unter ihnen nicht heimisch. Wo ich zu Hause bin, gibt es die Liebe nur um den Preis des Todes.“

„Er muss seit langem gewusst haben, dass die Menschen am liebsten unter Lasten zusammenbrechen, die sie sich selbst auferlegen (…).“

„Etwas zerreibt Sie, Kleist, über das sie nicht Herr sind.
Wie wahr. Das Unglück, Herr Hofrat, von Bindungen abzuhängen, die mich ersticken, wenn ich sie dulde, und die mich zerreißen, wenn ich mich löse. Dies ist ein Übel, das mit den Jahren nicht sanfter, nur schneidender wird.“

„Frei wovon?
Kleist lachte gekünstelt. Frei von Verpflichtungen, die man sich womöglich bloß eingeredet hat.“

„Gedichte sind Balsam auf Unstillbares im Leben.“

„Vielleicht gibt es doch einen Menschen unter dem Himmel, dem er den Gram anvertrauen kann, der ihn aufzehrt. Man versteht nicht, was man nicht mit anderen teilt.“

„Manchmal, sagt Kleist – irgend etwas an dieser Frau entzieht ihm wie ein Magnet die angreifbarsten Geständnisse - , manchmal ist es mir unerträglich, dass die Natur den Menschen in Mann und Frau aufgespalten hat.“

„Ich glaube, wir fragen falsch, wenn wir uns dem Schicksal gegenüberstellen, anstatt zu sehn, dass wir mit ihm eins sind: dass wir, was mit uns geschieht, insgeheim herausfordern.“

„Wäre das die Frau, vor deren Liebe man keine Angst haben müsste?“

„Die Berührung, nach der es unendlich verlangt, es gibt sie nicht.“

„Auch, dass uns keiner hört. (…) Da wir uns nicht wünschen können, zu sein, wo wir sind. Da wir es nicht ändern können. Da wir uns lieben, uns hassen.
Dass die Zeit unser Verlangen hervorbringt, doch nicht, wonach uns am meisten verlangt.
Die niedergehaltenen Leidenschaften.
Wir taugen nicht zu dem, wonach wir uns sehnen.
Wir müssen verstehen, dass Sehnsucht keiner Begründung bedarf. (…)
Um Haltung ringen. Als hätte, was wir tun oder lassen, am Ende eine Bedeutung.“

„Begreifen, dass wir ein Entwurf sind – vielleicht, um verworfen, vielleicht, um wieder aufgegriffen zu werden. Das zu belachen ist menschenwürdig. Gezeichnet zeichnend. Auf ein Werk verwiesen, das offen bleibt, offen wie eine Wunde.“
mein eigener rand - 16. Jun, 19:33

das klingt spannend!
oh, du bist auch so eine zitate-tante;-) find ich schön...

Brizz - 19. Jun, 09:00

Hab ich Dir eh im Brief auch mitgeschickt - wird Dich dann schrecklich langweilen...
mein eigener rand - 19. Jun, 09:06

mich? prosa-zitate? niemals! ;-)

wollt am wochenende eigentlich mit dir telephonieren, habs aber nicht geschafft. kopfschmerz extrem, wiedermal. 12 stunden blitze und explosionen im kopf, heiße tränen, träges pochen.
soooonst gehts mir gut ;-)
diese woche wird sich herausstellen, wie mein hirn bei siedetemperatur arbeitet. ich hab an dich gedacht und hab dich beachvolleyballspielend im bikini gesehen - stimmts? feines wochenende gehabt?
kuß.
Brizz - 19. Jun, 13:37

ich hab natürlich bezaubernd ausgesehen, und innerhalb kürzester zeit paniert mit sand ; )

war eine gute zeit im schwimmbad - hab sogar a bissi farbe bekommen...

nicht vom kopfschmerz unterkriegen lassen - füße und hände kühlen und alles langsam angehen!

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