Mittwoch, 20. August 2008

Ergebnis einer Woche im Waldviertel mit RS und Kirchenglocken

Am Nachmittag arbeitete Roland in seinem Büro im Erdgeschoss. Er konnte sich nicht konzentrieren und schaute aus dem Fenster. Im Garten blühten die Rosen, Susanne setzte Pflanzen. Mit bloßen Händen klopfte sie die Erde fest. Eine Haarsträhne fiel ihr ins Gesicht. Mit dem Handrücken strich sie sie zurück. Er mochte diese Bewegung.
Es klopfte an seiner Tür. Er blickte auf. Lucia kam herein. Sie wirkte müde. „Ich habe auch Jus studiert,“ sagte sie und nahm ein Buch aus seinem Regal. Sie blätterte kurz darin, stellte es an einen anderen Platz zurück. Als sie sich streckte, sah man den Streifen Haut zwischen Hose und T-Shirt. „Nach zwei Semestern habe ich aufgehört. Ich ging nach Frankreich. Habe dort Kunstgeschichte studiert.“ „Sehr vernünftig“, meinte er lächelnd und wunderte sich über den seltsamen Gesprächseinstieg. „Wovon hast du gelebt?“ „Man schlägt sich so durch.“ Sie zwinkerte ihn an. Ihre Grübchen am Mund wurden tief, wenn sie schmunzelte. Er sah sie in einem Bistro kellnern, weiße Bluse, schwarze Hose, Pferdeschwanz, braves Lächeln. Oder in einer belebten Strasse Werbung verteilen. Auf einem Feld mit Strohhut und verbrannter Haut Obst ernten. Sie stand vor ihm, die rechte Hand stützte sich an der Hüfte auf. Er sah auf ihre schmalen Hände, auf ihre Taille. Plötzlich der Gedanke, sie hätte auch gegen Bezahlung mit Männern mitgehen können. Die Vorstellung tat ihm weh. Schroff sagte er: „Entschuldige, morgen ist dieser Prozess. Ich muss mich wirklich darauf vorbereiten.“ „Natürlich. Tut mir leid.“ Sie zog die Tür hinter sich zu.

Beim Abendessen beobachtete er Kurt und Lucia. Kurt mit seinen struppigen graumelierten Haaren, dem Dreitagebart, einem T-Shirt und Anekdoten von früher. Jemand, der nicht erwachsen werden will, dachte Roland. Kurt lachte laut über eine Geschichte, die er eben erzählt hatte. Lucia hielt die Hand vor den Mund, sie atmete hörbar aus, ihre Augen leuchteten. Susanne schaffte ein Lächeln, verwies auf die Sauce zum Fleisch, es gäbe noch genug von allem. Lucia aß mit Appetit. Roland spürte Susannes widerwillig aufkeimende Sympathie.

Nach dem Essen half Lucia Susanne, den Tisch abzuräumen. Kurt ging auf die Terrasse rauchen und Roland auf sein Zimmer. Die Frauen redeten miteinander. Das Murmeln verfolgte ihn die Stufen hinauf.

Nachdem Lucia den Tisch abgewischt hatte, zog sie sich eine Jacke an und folgte Kurt auf die Terrasse. Er saß auf der verwitterten Holzbank, grüßte sie mit einem Lächeln und deutete mit der Hand, sich neben ihn zu setzen. Sie schlüpfte aus ihren Schuhen, stieg auf die Bank, rutschte hinter seinen Rücken und umklammerte ihn von hinten. Er lachte, schnippte die Zigarette weg und nahm ihre Hände. „Was haben wir denn da? Jungfrauenhaut? Was wird der Drache wohl dazu sagen?“ Er machte fauchende Geräusche und knabberte an ihrem Unterarm, bis sie kreischte. Sie war nur ein wenig älter als seine eigene Tochter. Kurt zwickte das Mädchen wie ein kleiner Junge und lachte, als sie ihm mit dem Zeigefinger drohte. Susanne beobachtete Kurt und Lucia aus dem Wohnzimmer, während sie auf der Couch die Zeitung las. Sie wunderte sich über die Kindlichkeit des Mädchens, das schon Ende 20 war.

Roland warf die Unterlagen aufs Bett. Er fühlte sich blockiert. Oft half es ihm, an anderen Orten weiterzuarbeiten, die Perspektive zu wechseln, doch er hatte Bedenken, ob er diesen Fall befriedigend abschließen konnte. Er kaute an seinem linken Daumen. Die Zähne gruben sich ins Fleisch. Er betrachtete die Rötung und Schwellung der Haut, die sich vom übrigen Finger deutlich abhoben. Es beruhigte ihn zutiefst. Er setzte sich angezogen aufs Bett und nahm die Unterlagen zur Hand. Die Brille rutschte zur Nasenspitze, als er sich hinunterbeugte. Herr Professor, würde Susanne ihn nennen. Er hörte die Waschmaschine schleudern. Eine vergessene Münze schlug gegen die Trommel. Das Geräusch störte ihn. Es war schwer, Konzentration für aufmerksames Lesen aufzubringen. Die Akten langweilten ihn. Seine Arbeit langweilte ihn. Kunstgeschichte also statt Jus. Er dachte an das Mädchen, das heute seinen Nachmittag durcheinander brachte.
Die Luft im Zimmer war stickig. Roland wurde müde. Er stand auf, streckte sich und ging zum Fenster. Als er die Vorhänge zur Seite schob, sah er im spiegelnden Glas einen weißen Fleck hinter sich. Er drehte sich erschrocken um. Lucia stand in seinem Zimmer. Er blieb stehen und blickte sie erstaunt an. Sie trägt ein weites T-Shirt, darunter ihre nackten braunen Beine. Die offenen Haare fallen auf die teils freien Schultern. Er bemerkt ihre Sommersprossen im Gesicht zum ersten Mal. Sommersprossen auch auf der linken Schulter, ihr Schlüsselbein deutlich sichtbar. Sie umfasst mit beiden Händen die Haare und dreht sie im Nacken zu einem Knoten, der gleich wieder aufspringt. Er neigt den Kopf, während er das Mädchen betrachtet. Roland entdeckt eine Narbe an ihrem Oberarm, die er berühren möchte. Sie weicht zurück. „Ich kann nicht schlafen.“ Sie beißt sich auf die Unterlippe. Roland denkt an Susanne. Lucia geht einen Schritt zurück, fasst mit den Händen den Saum des T-Shirts über Kreuz und zieht es in einer Bewegung über den Kopf. Ihr Gesicht verschwindet dahinter. Er sieht ihre Brüste, die unterschiedlich groß sind. Geweberisse auf den Hüften wie Flüsse. Er zieht sie an sich heran. Sie riecht nach Buttermais.

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