Sonntag, 12. März 2006

erica jong. angst vorm fliegen.

"Na wenn schon. Literarisch gebildete Männer sind, wie sich später oft genug herausstellt, Charakterschweine. Oder Widerlinge. Aber ich war doch enttäuscht. Wie damals, als sich herausstellte, daß mein Analytiker noch nie etwas von Sylvia Plath gehört hatte. Da hatte ich nun tagelang über ihren Selbstmord geredet und daß ich geniale Gedichte schreiben und meinen Kopf in den Gasherd stecken wolle. Und er hatte wahrscheinlich die ganze Zeit dabei an Heringssalat gedacht.“


„Doch wer wurde nun eigentlich unterdrückt? Pia und ich waren >frei< (ein Wort, das in diesem Zusammenhang ohne Anführungsstriche weniger als gar nichts bedeutet). Pia malte. Ich schrieb. Unser Leben bestand nicht nur aus Männern; wir hatten unsere Arbeit, unsere Reisen, unsere Freunde. Also warum lief unser Leben dann letzten Endes auf lange Klagelieder über die Männer hinaus? Warum schien unser Leben zu einer unaufhörlichen Männerjagd zu entarten? Wo gab es Frauen, die wirklich frei waren, die nicht ihr Leben damit verbrachten, von Mann zu Mann zu stürmen, die sich mit und ohne Mann >heil und ganz< vorkamen? Wir richteten den Blick hilfesuchend auf unsere zweifelhaften Heldinnen, und siehe da: Simone de Beauvoir tut keinen Schritt, ohne sich zu fragen, was wird Sartre dazu sagen? Und Lillian Hellman möchte ein solcher Mann sein wie Dashiell Hammett, damit er sie so liebt, wie er sich selbst liebt. Und Doris Lessings Anna Wilf hat keinen Orgasmus, wenn sie nicht liebt, und das ist selten der Fall. Und der Rest – die schreibenden Frauen, die malenden Frauen... die meisten waren menschenscheu, verkrampft, schizoid. Furchtsam und zaghaft im Leben, und mutig nur in ihrer Kunst. (...) >Ich schmachte und vergehe<, heißt es in meiner kleinen Taschenausgabe ihrer Liebeslyrik. Das taten wir auch! Fast alle Frauen, die wir bewunderten, waren alte Jungfern oder Selbstmörderinnen. War es das, worauf es hinauslief?“


„Ich möchte mich willenlos irgendeinem Rohling unterwerfen. >Frauen fliegen auf Faschisten<, wie Sylvia Plath sagt. Wenn ich eigentlich kochen müßte, statt dessen aber Gedichte schreibe, fühle ich mich schuldig. Alles macht mir Schuldgefühle. Wenn ein Mann gründlich dafür sorgt, daß eine Frau sich schuldig fühlt, braucht er sie nicht zu schlagen. Das ist Isadora Wings erste Grundregel für den Kampf zwischen den Geschlechtern: der ärgste Feind der Frau ist die Frau. Und Schuldgefühl ist die Hauptwaffe der Selbstquälerei. (...) Zeigen Sie mir eine Frau ohne Schuldgefühle, und ich zeig Ihnen einen Mann.“


kommentar überflüssig.
;-)
mein eigener rand - 17. Mär, 16:06

wie schön für immer wieder

„Das Leben kennt keinen vorgefaßten Plan. Es ist weitaus interessanter als alles, was man darüber sagen könnte, weil die Sprache die Dinge von Natur aus ordnet, das Leben aber im Grunde keine Ordnung kennt. Selbst jene Schriftsteller, die der wunderschönen Anarchie des Daseins ihren Respekt zollen und sich bemühen, das wuchernde Leben auf Buchseiten einzufangen, können es nicht verhindern, daß es sich zum Schluß viel geordneter ausnimmt, als es je war, und sagen somit letzten Endes doch nicht die Wahrheit. Denn kein Schriftsteller kann je die Wahrheit über das Leben schreiben, nämlich, daß das Leben weitaus interessanter ist als jedes Buch. Und kein Schriftsteller kann je die Wahrheit über Menschen erzählen – nämlich, daß sie weitaus interessanter sind als jede erfundene Figur.“

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