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DER STANDARD, 29.04.2006, Seite 26, Wirtschaft
"Dynamik wie bei einem Zocker"
Der Vorarlberger Kriminalpsychologe Reinhard Haller erklärt, weshalb "Persönlichkeits- gestörte" besonders leicht in Toppositionen kommen.
Nachgefragt hat Renate Graber.
Standard: In der Causa Bawag sind die ersten Einvernahmen der Ex-Chefs Helmut Elsner und Johann Zwettler vorbei. Beide fühlen sich, wie zu hören ist, keiner Schuld bewusst, von Unrechtsbewusstsein weit und breit keine Spur. Sie selbst haben schon viele Gutachten in Wirtschaftscausae erstellt. Wie erklären Sie das Verhalten - abseits des konkreten Falls, in dem
natürlich für alle die Unschuldsvermutung gilt?
Haller: In erster Linie wäre es falsch zu behaupten, dass das Leute sind, die erst in ihrem Job so geworden sind. Das Hauptproblem ist, dass in Österreich Menschen, die psychologisch auffällig sind - etwa Hyperaktive oder Menschen mit starken Stimmungsschwankungen, relativ leicht in Führungspositionen kommen.
STANDARD: Worauf führen Sie das zurück?
Haller: Bei uns sind die Selektionsmechanismen falsch. Die Personalberater schauen wie jemand Probleme löst, die Beine überkreuzt und wie er schaut - allfällige Störungen werden aber nicht abgetestet.
STANDARD: Und wer wird auf diese Weise Chef?
Haller: Narzistische, emotional instabile und hyperaktive Menschen. Die kommen so unentdeckt in wirtschaftliche oder politische Führungsjobs.
STANDARD: Verstärken Führungsjobs und Dauerstress diese Charakterzüge?
Haller: Ja, natürlich. Die große Macht, die diese Leute bekommen, verstärkt ihren Narzissmus nur noch. Die geraten dann in eine richtige Spielermentalität. Sie waren vorher schon auffallend, aber durch die Riesenverantwortung, die sie nun tragen, geraten sie in eine Art von Höhenrausch.
STANDARD: Wenn Manager argumentieren, sie hätten nur ihr Unternehmen retten wollen und den Schaden, den sie dabei anrichten, völlig außer Acht lassen, fällt das auch unter diese Ihre Diagnose?
Haller: Ja, sie stopfen ein Loch nach dem anderen, fallen, ohne an die Zukunft zu denken, von einer Aktivität in die nächste. Da entsteht in Wirklichkeit die gleiche Psychodynamik wie bei einem Zocker. Und diese Weltrettungsgedanken sind nichts als ein Abwehrmechanismus.
STANDARD: Und warum fällt das niemandem aus der Umgebung dieser Manager auf?
Warum schauen alle nur zu?
Haller: Das ist ja das Problem: Diese Leute wirken nach außen extrem sicher und gut. Ein Kollege von mir hat das einmal den "Charme des Persönlichkeitsgestörten" genannt. Die Leute sind geradezu betörend.
STANDARD: Es traut sich ihnen gar niemand zu widersprechen, auch wenn sie etwa anfangen, Bilanzen zu fälschen?
Haller: Nein. Ihre beeindruckende Außenwirkung, ihr sicheres, autonomes und suggestives Auftreten hält alle davon ab. Noch dazu sind diese Manager ja auch besonders tüchtig. Niemand traut sich, solchen Führungskräften auch nur das leiseste Kontra zu geben, und auch das hat seinen Grund: Manager wie diese sind extrem empfindlich und fast unfähig dazu, Kritik zu ertragen. Wer
auch immer einmal Widerspruch probiert hat, wird das nie wieder tun. Und so geht auch das letzte Korrektiv verloren. Den Bezug zur Realität, zum Leben des Durchschnittsbürgers, haben diese Menschen schon längst verloren, nicht zuletzt durch ihre Privilegien.
(...)
Und was halten Sie von Ihrem Chef?!?
"Dynamik wie bei einem Zocker"
Der Vorarlberger Kriminalpsychologe Reinhard Haller erklärt, weshalb "Persönlichkeits- gestörte" besonders leicht in Toppositionen kommen.
Nachgefragt hat Renate Graber.
Standard: In der Causa Bawag sind die ersten Einvernahmen der Ex-Chefs Helmut Elsner und Johann Zwettler vorbei. Beide fühlen sich, wie zu hören ist, keiner Schuld bewusst, von Unrechtsbewusstsein weit und breit keine Spur. Sie selbst haben schon viele Gutachten in Wirtschaftscausae erstellt. Wie erklären Sie das Verhalten - abseits des konkreten Falls, in dem
natürlich für alle die Unschuldsvermutung gilt?
Haller: In erster Linie wäre es falsch zu behaupten, dass das Leute sind, die erst in ihrem Job so geworden sind. Das Hauptproblem ist, dass in Österreich Menschen, die psychologisch auffällig sind - etwa Hyperaktive oder Menschen mit starken Stimmungsschwankungen, relativ leicht in Führungspositionen kommen.
STANDARD: Worauf führen Sie das zurück?
Haller: Bei uns sind die Selektionsmechanismen falsch. Die Personalberater schauen wie jemand Probleme löst, die Beine überkreuzt und wie er schaut - allfällige Störungen werden aber nicht abgetestet.
STANDARD: Und wer wird auf diese Weise Chef?
Haller: Narzistische, emotional instabile und hyperaktive Menschen. Die kommen so unentdeckt in wirtschaftliche oder politische Führungsjobs.
STANDARD: Verstärken Führungsjobs und Dauerstress diese Charakterzüge?
Haller: Ja, natürlich. Die große Macht, die diese Leute bekommen, verstärkt ihren Narzissmus nur noch. Die geraten dann in eine richtige Spielermentalität. Sie waren vorher schon auffallend, aber durch die Riesenverantwortung, die sie nun tragen, geraten sie in eine Art von Höhenrausch.
STANDARD: Wenn Manager argumentieren, sie hätten nur ihr Unternehmen retten wollen und den Schaden, den sie dabei anrichten, völlig außer Acht lassen, fällt das auch unter diese Ihre Diagnose?
Haller: Ja, sie stopfen ein Loch nach dem anderen, fallen, ohne an die Zukunft zu denken, von einer Aktivität in die nächste. Da entsteht in Wirklichkeit die gleiche Psychodynamik wie bei einem Zocker. Und diese Weltrettungsgedanken sind nichts als ein Abwehrmechanismus.
STANDARD: Und warum fällt das niemandem aus der Umgebung dieser Manager auf?
Warum schauen alle nur zu?
Haller: Das ist ja das Problem: Diese Leute wirken nach außen extrem sicher und gut. Ein Kollege von mir hat das einmal den "Charme des Persönlichkeitsgestörten" genannt. Die Leute sind geradezu betörend.
STANDARD: Es traut sich ihnen gar niemand zu widersprechen, auch wenn sie etwa anfangen, Bilanzen zu fälschen?
Haller: Nein. Ihre beeindruckende Außenwirkung, ihr sicheres, autonomes und suggestives Auftreten hält alle davon ab. Noch dazu sind diese Manager ja auch besonders tüchtig. Niemand traut sich, solchen Führungskräften auch nur das leiseste Kontra zu geben, und auch das hat seinen Grund: Manager wie diese sind extrem empfindlich und fast unfähig dazu, Kritik zu ertragen. Wer
auch immer einmal Widerspruch probiert hat, wird das nie wieder tun. Und so geht auch das letzte Korrektiv verloren. Den Bezug zur Realität, zum Leben des Durchschnittsbürgers, haben diese Menschen schon längst verloren, nicht zuletzt durch ihre Privilegien.
(...)
Und was halten Sie von Ihrem Chef?!?
Brizz - 23. Mai, 16:20
Brizz - 30. Mai, 18:02
grins
das zeug von deinem chef fährt ein, halleluja
das zeug von deinem chef fährt ein, halleluja
blondi2 - 31. Mai, 11:06
was genau fährt ein?
Brizz - 31. Mai, 13:09
den whiskey, den er zu uns gestern ins Institut brachte, weil er das uncool fand, dass wir Martini trinken ; )
blondi2 - 1. Jun, 11:24
manchmal glaub ich's echt nicht - gott das ist mein arbeitsplatz! intrigen, gebrülle und alkohol
(früher sagte man noch sex, drugs and rock'n'roll)
(früher sagte man noch sex, drugs and rock'n'roll)
Brizz - 1. Jun, 12:10
macht aber fast genauso viel spaß, oder ; )
wenn das unsere mütter wüßten...
wenn das unsere mütter wüßten...
blondi2 - 2. Jun, 09:03
würden sie uns hier nie arbeiten lassen
Brizz - 2. Jun, 09:53
sondern hätten uns reich verheiratet ; )
„Sind wir nicht alle ein bisschen Schachfigur?“
Wohl war. Wir, die kleinen strebsamen Bauern, unterwerfen uns dem großen König.
Doch, halt’ mal inne! Überleg doch mal!
Was wäre der mächtige König ohne seine Untertanen? Er wäre ein NICHTS. Er allein kann nur unbedeutende kleine Schritte machen, tappst unsicher vor sich hin, ist komplett ohne Schutz und dem Angriff des Gegenspielers wehrlos ausgeliefert. Nichts kann er tun, hätte er nicht seine Tschaggel um sich geschart! Aber - und genau das ist der springende Punkt - er hat sie um sich. Sie stehen im alle, jederzeit und nahezu unbegrenzt zur Verfügung.
Traurig, wie manipulativ und blind ein Bauer doch sein kann.
Aber eigentlich will ich keine Schachfigur sein...